Es war längere Zeit sehr ruhig in meinem Blog, daher wird es mal wieder Zeit für einen Beitrag. Ich habe in den letzten Wochen/Monaten wieder einige Fachbücher zum Thema Trauma gelesen. In immer mehr Büchern hält die Unterscheidung zwischen Schocktrauma und Entwicklungstrauma Einzug.
Ich persönlich finde diese Unterscheidung sehr wichtig und möchte daher hier auch mal auf beide Themen eingehen. Bei einem Schocktrauma handelt es sich um ein einmaliges Erlebnis, dass den Betreffenden in eine akute Lage der Hilflosigkeit bringt. Verbunden mit Gewalt kann dies sehr massive Spuren bei den Betreffenden hinterlassen. Allerdings können auch Unfälle z.B. im Verkehr hochgradig traumatisierend sein. Die rein physische Reaktion des Körpers auf diese Situation ist im Grunde genommen identisch zu bei einem Entwicklungstrauma. Allerdings ist die Behandlung und Verarbeitung im Nachhinein deutlich „einfacher“. Bei einem Schocktrauma gibt es ein DAVOR. Der Betreffende weiß wie sich das Leben vor dem Trauma angefühlt hat. Er hat einen direkten Vergleich. Es gab ein Leben vor dem Tag X. Auch wenn es schwer fällt manches Schocktrauma zu überwinden, die Chancen einer guten nachträglichen Verarbeitung stehen heutzutage besser denn je.
Bei Entwicklungstraumata gestaltet es sich etwas schwieriger. Diese Traumatisierungen werden in der Fachliteratur auch manchmal als Beziehungstrauma bezeichnet. Denn sie entstehen durch die ersten Erfahrungen in unserem Leben die grds. im familiären Bereich gemacht werden. Der Einfluss der ersten Bezugspersonen ist hierfür ausschlaggebend. Wenn ein Kind im frühen Alter wiederholten Traumatisierungen ausgesetzt ist, hinterlässt dies Spuren für den Rest des Lebens. Und das Gemeine ist, dass es kein „DAVOR“ gibt. Ein Kind hält diese Umstände für normal. Es weiß nicht, dass Gewalt oder Missbrauch etwas „Unnormales“ sind. Daher treten bei betreffenden Kindern meist in der Pubertät die ersten offensichtlichen Probleme im Sozialverhalten auf. In sehr gravierenden Fällen allerdings auch schon früher.
Therapeutische Prozesse sind im Falle von Entwicklungstraumata sehr langwierig und schwieriger, da grundlegende Entwicklungsphasen nachgeholt werden müssen. In schlimmen Fällen fängt das schon bei Vertrauen in andere Menschen an.
In der Fachwelt wird das Entwicklungstrauma auch unter der (noch nicht offiziellen) Diagnose „Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung“ erfasst. Hier ist in den letzten Jahren auch ein Umdenken bei den Ärzten und Therapeuten zu verzeichnen. Es gibt einige gute Spezialisten auf diesem Gebiet.
Trotz der negativen Prognose ist es trotzdem möglich Entwicklungstrauma gut zu verarbeiten und zu integrieren. Ich persönlich habe beide Arten von Traumata erlebt. Die Schocktraumata, weitestgehend durch dienstliche Situationen hervorgerufen, ließen sich wesentlich „einfacher“ verarbeiten. Es reichten meist nur sehr wenige EMDR-Sitzungen aus.
Die Verarbeitung der Entwicklungstraumata hingegen ist eine Lebensaufgabe.